Was ist Zoom?
Bei Zoom handelt es sich ursprünglich um ein Bilderbuch des ungarischen Illustrators Istvan Banyai aus dem Jahr 1998 (ISBN: 978-0-14-005774-9). Anstelle einer Abfolge von Szenarien, die von Bild zu Bild eine Geschichte erzählen, visualisierte Banyai eine Momentaufnahme. Das Einzige, was sich von Seite zu Seite verändert, ist die Vergrößerung des Bildes.
Wie kommt Zoom als Serious Game zum Einsatz?
Die liebevoll visualisierten Bilder von Istvan Banyai sind praktischerweise einseitig bedruckt. Irgendjemand (falls jemand weiß, wer die ursprüngliche Idee hatte, gerne Bescheid geben, damit ich sie entsprechend hier nennen kann) hatte die geniale Idee, diese Seiten aus dem Buch zu trennen, einer Gruppe von Menschen in die Hand zu drücken und diese Seiten in die ursprüngliche Reihenfolge bringen zu lassen.
Ich habe zwei Ausgaben gekauft, die Bindung einer Ausgabe mit einem Cutter abgetrennt und jede Seite einzeln laminiert, sodass ich mir keine Sorgen machen muss, dass die Seiten während des Serious Games beschädigt werden. Das zweite Buch verwende ich als Musterlösung.
Die Bilder werden den Teilnehmenden verdeckt ausgeteilt, wobei jede Person lediglich das eigene Bild/ die eigenen Bilder sehen darf. Die Aufgabe besteht darin, die richtige Reihenfolge der Bilder zu finden.
Welches Material benötige ich, um Zoom zu moderieren?
1 Exemplar von Zoom-Einzelseiten (idealerweise laminiert)
1 Exemplar von Zoom als Musterlösung (optional)
Timer
Flipchart und Stifte für das Debrief
Ausreichend Platz, damit sich die Teilnehmenden im Raum bewegen können
Was muss ich vorab beachten?
1) Wenn du das Spiel in einem deiner Workshops anwenden möchtest, kündige es bitte nicht unter dem Titel „Zoom“ an, denn dann kommen die Teilnehmenden schnell auf die Idee, dass es vermutlich verschiedene Vergrößerungsgrade des gleichen Bildes sind.
2) Nimm die letzte illustrierte Seite aus dem Buch nicht mit ins Spiel auf. Auf dieser Seite steht das Impressum und so wird es besonders einfach, den Start zu erkennen.
Hier wurde versehentlich die letzte Seite des Buches nicht aus dem Spiel genommen. Die Teilnehmenden konnten mit Leichtigkeit erkennen, wo das Ende der Bilderreihe ist.
3) Passe die Anzahl der Seiten an deine Teilnehmenden an. Das finale Bilder-Deck hat 30 Seiten. Meine Empfehlung ist, dass die Teilnehmenden nicht mehr als 3 Seiten haben sollten. Somit brauchst du mindestens 10 Teilnehmende, um alle Bilder ins Spiel nehmen zu können. Alternativ kannst du auch Seiten vom Anfang oder Ende der Bildreihenfolge aus dem Spiel nehmen.
Wie ist der Spielablauf von Zoom?
Als Moderator:in kündigst du folgende Punkte an:
Ziel des Spiels: Bilder in die richtige Reihenfolge bringen
Regeln:
Jede:r darf nur das eigene Bild/ die eigenen Bilder sehen
Kommunikation ist nur verbal erlaubt
Wenn die finale Position des Bildes bestimmt ist, darf dieses verdeckt auf den Boden gelegt (optional: und nicht mehr angeschaut/ umgelegt) werden
Erst wenn alle Bilder verdeckt auf dem Boden sind, wird das Ergebnis überprüft
Zeitlicher Rahmen:
Du kannst entweder einen zeitlichen Rahmen vorgeben (z.B. 15-20 Minuten), die Teilnehmenden vorab schätzen lassen, wie lang sie brauchen werden oder die Stoppuhr einfach hochzählen lassen, bis die Gruppe fertig ist. Das hängt von dem Debrief ab, das du im Anschluss machen möchtest. Bedenke, dass die Teilnehmenden in der Regel etwas länger brauchen, je mehr Bilder eine einzelne Person hat.
Was tue ich als Moderator*in während die Teilnehmenden Zoom lösen?
An sich braucht es kaum mehr Instruktionen, als die oben genannten. Bei manchen Teilnehmenden ist es wichtig, hin und wieder darauf hinzuweisen, dass wirklich niemand anderes die Bilder sehen darf.
Die Bilder werden hier bei der Zoom-Session auf der play4agile ganz vorbildlich versteckt gehalten :)
Als Facilitator kannst du dir währenddessen Notizen zu deinen Beobachtungen machen:
Gibt es jemanden, der/ die die Führung übernimmt?
Hat sich eine Moderatorenrolle herausgebildet?
Welche impliziten Annahmen wurden von den Teilnehmenden gemacht?
Gab es Missverständnisse?
Wie sind die Sprechanteile?
Welches Vorgehen hat die Gruppe gewählt? Gibt es eine feste Sprechreihenfolge oder haben sich Kleingruppen herausgebildet?
Wann endet Zoom?
Das Spiel ist entweder vorbei, wenn die vorgegebene Zeit abgelaufen ist oder wenn die Bilder in eine finale Reihenfolge gebracht wurden. Sollten die Teilnehmenden mehr als ein Bild auf der Hand haben, ergibt es sich meinstens, dass sie die Karten irgendwann auf den Boden legen und dort die finale Reihenfolge entsteht. Falls pro Person nur ein Bild ausgeteilt wurde, stellen sich die Teilnehmenden in der Regel in der entsprechenden Reihenfolge auf.
Spannend wird es, wenn dann final alle Karten aufgedeckt werden und die Teilnehmenden erkennen, wo es gegebenenfalls Missverständnisse gab.
Wie läuft das Debrief von Zoom ab?
Bevor du als Facilitator deine Beobachtungen teilst, gibt den Teilnehmenden die Gelegenheit, ihre Beobachtungen, Erfahrungen und Gefühle, die sie während des Serious Games gemacht haben, zu teilen. Je nach Gruppengröße kannst du sie ihre Beobachtungen in Kleingruppen auf Post-Ist sammeln lassen oder direkt die Erkenntnisse auf einem Flipchart live festhalten. Ergänzend besteht die Möglichkeit, die oben genannten fragen zu stellen.
Wie bei allen Serious Games ist es im Anschluss sehr wichtig, den Transfer in die Arbeitspraxis zu machen. Dabei können die folgenden Fragen von Nutzen sein:
Welche dieser im Spiel gemachten Beobachtungen begegnen dir auch im Arbeitsalltag?
Gab es Kommunikationsmuster, die wir auch in unserer täglichen Zusammenarbeit wiederfinden?
Was brauchen wir, um diese Muster zu durchbrechen?
Wenn du vorab alle Beobachtungen und Erfahrungen bereits auf einem Flipchart festgehalten hast, kannst du die Analogen Erlebnisse im Arbeitsalltag einfach einkreisen oder anderweitig hervorheben und die Teilnehmenden um konkrete Beispiele zu den jeweiligen Punkten bitten.
Welche typischen Erkenntnisse gewinnen die Teilnehmenden durch Zoom?
Üblicherweise ist ein großer Aha-Moment, dass die Teilnehmenden in die Lösungsfindung mit ganz falschen Annahmen gegangen sind. Viele Denken im ersten Moment daran, dass es sich um ein reguläres Bilderbuch handelt, das eine Abfolge von Situationen darstellt und nicht die Momentaufnahme einer Welt mit unterschiedlichen Vergrößerungsgraden.
Des Weiteren sind die Gesprächsschnipsel der Teilnehmenden spannend, in denen sie Interpretationen geben, statt das zu beschreiben, was sie rein Objektiv sehen. Das ist ein Punkt, der wunderbar mit ins Debrief für den Transfer in den Arbeitsalltag miteinfließen kann.
Die üblichen Kommunikationshindernisse, wie z.B. fehlende Moderation, unterbrechen von anderen Teilnehmenden, nicht beachten von Ideen ruhigere Teilnehmender, etc., finden sich auch in den meisten Gruppen.
Am spannendsten ist dieses Serious Game mit echten Teams, da in diesem Fall konkrete Verhaltensmuster aus dem Alltag ans Licht kommen und im Anschluss an echten Lösungsideen gearbeitet werden kann.
Lust auf eine zweite Runde?
Es gibt ein zweites Band mit dem Titel „Re-Zoom“. Wenn du in deinem Workshop die Zweit hast, kannst du dem Team eine zweite Runde anbieten, in der sie alle zuvor erkannten Dysfunktionalitäten mit den neu gewonnenen Erkenntnissen versuchen umgehen. Der Spielablauf ist identisch, nur dass es beim zweiten Mal in der Regel viel schneller gelöst wird.
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